Verhinderungspflege: zeitlich begrenzte Auszeit von der Pflege

Stand:
Wer sich zu Hause um einen pflegebedürftigen Menschen kümmert, braucht Auszeiten für andere Aktivitäten. Auch kann die Pflegeperson selbst krank werden oder aus anderen Gründen ausfallen. Dann braucht es eine Vertretung. Damit für eine Verhinderungspflege Geld fließt, müssen Sie einiges beachten.
Eine ältere Dame sitz auf ihrem Bett, eine Pflegerin legt Bettwäsche neben ihr ab

Das Wichtigste in Kürze:

  • Die Pflegekasse übernimmt nachgewiesene Kosten der Verhinderungspflege (Ersatzpflege) für maximal 6 Wochen pro Jahr.
  • Voraussetzung ist, dass Sie als Pflegeperson den Pflegebedürftigen mindestens 6 Monate in seiner häuslichen Umgebung gepflegt haben, bevor Sie erstmalig verhindert waren.  
  • Zu dem Zeitpunkt, an dem Betroffene die Verhinderungspflege in Anspruch nehmen wollen, müssen sie mindestens den Pflegegrad 2 haben.
  • Wer mehr Geld braucht, kann zusätzlich bis zu 806 Euro Kurzzeitpflegebudget verwenden.
  • Für Kinder und junge Erwachsene wurden die Leistungen seit Januar 2024 erweitert.
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Was ist die Verhinderungspflege (Ersatzpflege)?

Die Verhinderungspflege dient der zeitlich begrenzten Entlastung der Pflegeperson und darf nicht zum regelmäßigen pflegerischen Alltag gehören. Beispiel: Die regelmäßige Berufstätigkeit mit Wechselschicht fällt nicht darunter, die Teilnahme an einem Lehrgang oder einer Prüfung allerdings schon.

Verhinderungspflege ist meist die erste Wahl, wenn pflegende Angehörige vorübergehend an der Pflege gehindert sind oder eine Auszeit brauchen. Die pflegebedürftige Person kann dann weiterhin zuhause versorgt werden - nur durch eine oder mehrere andere Personen.

Grundsätzlich können ehrenamtliche Helfer, Verwandte und Bekannte oder auch ein Pflegedienst die Verhinderungspflege übernehmen. Eine Kombination ist ebenfalls möglich.

Wer hat einen Anspruch auf Verhinderungspflege?

Anspruch auf Verhinderungspflege haben grundsätzlich alle Menschen mit den Pflegegraden 2 bis 5. Menschen mit Pflegegrad 1 haben keinen Anspruch.

Zusätzlich gibt es 3 entscheidende Voraussetzungen:

  1. Mindestens eine ehrenamtliche Person, also ein Verwandter, Freund oder Nachbar, muss regelmäßige Pflege leisten. Wer auschließlich von einem Pflegedienst versorgt wird, hat keine Anspruch. Grund: Der  Pflegedienst wird gegen Bezahlung tätig und löst deshalb keinen Anspruch auf Verhinderungspflege aus.
  2. Diese Pflegeperson muss wegen Erholungsurlaub, Krankheit oder aus anderen Gründen an der Pflege gehindert sein. Sie fällt zeitweise aus und muss ersetzt werden.
  3. Die Pflegeperson hat den Pflegebedürftigen vor der erstmaligen Verhinderung mindestens 6 Monate in seiner häuslichen Umgebung gepflegt. Man spricht hier davon, dass die Vorpflegezeit von 6 Monaten erfüllt sein muss. 

Tipps:

  • Es reicht aus, wenn der Pflegegrad 2 zu dem Zeitpunkt vorliegt, zu dem die Verhinderungspflege in Anspruch genommen werden soll. Sollten Sie in den 6 Monaten vorher "nur" Pflegegrad 1 gehabt haben, ist das unerheblich, wenn die Pflegeperson den Pflegebedürftigen schon seit 6 Monaten gepflegt hat.
     
  • Pflegebedürftige können auch dann eine Ersatzbetreuung in Anspruch nehmen, wenn sie neben ehrenamtlichen Helfern zusätzlich professionelle Hilfe durch Pflegedienste bekommen. Wichtig ist nur, dass auch ein ehrenamtlicher Pfleger regelmäßig kommt.
     
  • Wenn die Vorpflegezeit noch nicht erfüllt ist, der Betroffene also noch nicht 6 Monate zuhause gepflegt wurde, aber die Pflegeperson trotzdem eine Auszeit braucht, kann alternativ die Kurzzeitpflege genutzt werden. Dort kümmert sich ausgebildetes Personal in einer stationären Einrichtung um den Pflegebedürftigen.

Wer kann die Verhinderungspflege durchführen?

Wenn der Pflegebedürftige zu Hause bleiben möchte, kann die Verhinderungspflege von einer anderen Pflegeperson oder einem professionellen Pflegedienst übernommen werden. Meist wird die Verhinderungspflege von Verwandten übernommen, die zeitweise einspringen.

Was übernimmt die Pflegekasse?

Wenn ein Pflegedienst die Pflege durchführt, übernimmt die Pflegekasse für die Verhinderungspflege in den Pflegegraden 2-5 pauschal bis zu 1.612 Euro im Jahr, die auf 6 Wochen beziehungsweise 42 Tage verteilt werden können. Sie können auch zusätzlich bis zu 806 Euro aus den Leistungen für die Kurzzeitpflege verwenden. Diese Leistungen werden dann von dem Anspruch auf die Kurzzeitpflege abgezogen, sodass dort noch mindestens 968 Euro verbleiben.

Die Pflegekasse finanziert also die Verhinderungspflege jährlich für eine Dauer von bis zu 6 Wochen mit maximal 2.418 Euro.

Das Pflegegeld wird während der Verhinderungspflege zur Hälfte weiter gezahlt.

Wenn die Pflegeperson weniger als 8 Stunden am Tag verhindert ist, dann erfolgt die Anrechnung nur auf den Höchstbetrag, also die 1.612 Euro, nicht auf die Höchstdauer. In diesem Fall besteht auch der Anspruch auf das volle Pflegegeld.


Zu beachten: Helfen Familienangehörige ersten oder zweiten Grades, zum Beispiel Kinder, Enkel oder Schwiegerkinder oder Personen, die im Haushalt des Pflegebedürftigen wohnen, gibt es geringere Beträge.

Der auszuzahlende Betrag darf dann den Betrag des Pflegegeldes für 6 Wochen, also den 1,5-fachen Monatsbetrag des Pflegegeldes, nicht überschreiten.



Zusätzlich können Verwandte ihre angefallenen Kosten bei der Pflegekasse geltend machen (zum Beispiel Fahrtkosten, Kinderbetreuung oder Verdienstausfall). Insgesamt dürfen 1.612 Euro pro Jahr jedoch nicht überschritten werden.

  • Möchten Sie diese Leistung für sich selbst in Anspruch nehmen, können Sie unser kostenloses Musterschreiben zur Beantragung der Verhinderungspflege herunterladen.
  • Sind Sie die/der Bevollmächtigte der pflegebedürftigen Person, verwenden Sie bitte zur Beantragung dieses Musterschreiben.
Alle Musterschreiben, Anträge und Formulare sowie viele hilfreiche Erläuterungen finden Sie auch im Handbuch Pflege.

Tipps:

  • Sie können ambulante Pflege – oder Betreuungsdienste oder ehrenamtliche Personen ansprechen und mit der Verhinderungspflege beauftragen.
  • Für die Abrechnung der Kosten muss der Pflegebedürftige einen Antrag auf Verhinderungspflege bei seiner Pflegekasse stellen. Dies kann auch nachträglich geschehen. Dafür halten die Pflegekassen Vordrucke bereit.
  • Sie müssen die entstandenen Kosten mit Belegen nachweisen. Sammeln Sie also alle Rechnungen, senden Sie diese an die Pflegekasse und beantragen Sie die Übernahme der Kosten.
  • Während der Ersatzpflege bekommen Sie die Pflegesachleistung in voller Höhe weiter erstattet. Das Pflegegeld wird zur Hälfte weiter gezahlt. Eine Ausnahme gibt es für den ersten und letzten Tag. An diesen beiden Tagen wird das Pflegegeld zu 100 Prozent gezahlt.
  • Verhinderungspflege kann auch stundenweise in Anspruch genommen werden, wenn die Pflegeperson weniger als 8 Stunden am Tag verhindert ist. Bei einer solchen stundenweisen Verhinderung wird das Pflegegeld für die Tage der stundenweisen Verhinderungspflege in voller Höhe weiter gezahlt. Eine Anrechnung findet also nicht statt. Besonders bei der Betreuung von Menschen mit Demenz ist dies eine hilfreiche Alternative, wenn Angehörige beruhigt das Haus verlassen wollen.
  • Ist die Pflegeperson weniger als 8 Stunden am Tag verhindert, gilt auch nur die Begrenzung auf die 1.612 Euro pro Jahr. Die zeitliche Begrenzung entfällt. Sie können dann also an mehr als 42 Tagen Verhinderungspflege beanspruchen.
  • Wenn Sie Fragen haben oder unsicher sind, nehmen Sie Kontakt mit Ihrem Ansprechpartner bei Ihrer Pflegekasse auf.

 

Die Höhe der Leistungen im Überblick:

Pflegegrad Verhinderungspflege durch nahe Angehörige bis zu 6 Wochen im Kalenderjahr Verhinderungspflege durch Professionelle bis zu 6 Wochen im Kalenderjahr
1 keine keine
2 498 Euro 1.612 Euro
3 859,50 Euro 1.612 Euro
4 1.147,50 Euro 1.612 Euro
5 1.420,50 Euro 1.612 Euro

Erweiterter Anspruch für Kinder und junge Erwachsene

Für pflegebedürftige Kinder und junge Erwachsene bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres mit den Pflegegraden 4 und 5 wurde der Anspruch der Verhinderungspflege seit 1. Januar 2024 erweitert:

Der Anspruch auf Verhinderungspflege wird von 6 Wochen auf 8 Wochen verlängert und die Voraussetzung, dass die Pflegeperson das pflegebedürftige Kind vor der erstmaligen Verhinderung 6 Monate gepflegt haben muss (Vorpflegezeit), entfällt.

Außerdem können die Leistungen der Kurzzeitpflege vollständig in Leistungen der Verhinderungspflege umgewandelt werden. Eine Erhöhung der Leistungen ist dabei allerdings zunächst nicht vorgesehen. Diese folgt erst zum 1. Januar 2025.

Die Grafik zeigt verschiedene Leistungen im Pflegegrad 1.

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